Nach der Reblauskatastrophe aus der Heimat verschwunden
Synonyme für Carmenere Biturica, Bordo, Bouton Blanc, Cabernet Carmenere, Cabernet Gernischt, Carbouet, Carmenelle, Grand Vidure
In der Weinbauregion Bordeaux, der Heimat der Carmenere, ist die rote Rebsorte heute kaum noch zu finden. Zugelassen für die berühmten Rotweine ist sie aber nach wie vor. Vor der Reblauskatastrophe war die Carmenere eine bedeutende Sorte in Frankreichs Vorzeige-Weinregion und begründete gemeinsam mit Cabernet Franc den Ruhm einiger der weltberühmten Châteaus. Heute gibt es im Medoc ein Initiative zur Wiederbelebung der Carmenere, wodurch die Sorte ganz allmählich wieder Fuß zu fassen beginnt.
In Europa gibt es größere Bestände nur in Italien, wo sie vor allem im Nordosten des Landes, in den Regionen Friaul, Lombardei und Venetien zu finden ist. Geplant waren diese Anpflanzungen allerdings nur zum Teil. Lange Zeit wurden die Reben für Cabernet Franc oder Merlot gehalten, auch wenn die Abweichungen im Geschmack verwunderten. In den 1990er Jahren wurde dieser Irtum schließlich aufgeklärt, da das Weingut Ca' del Bosco Cabernet Franc-Reben aus einer Rebschule in Frankreich bezogen hatte und die Önologen sich über die Unterschiede bei der Reife und im Geschmack des Weines wunderten. Eine daraufhin veranlasste Untersuchung ergab, dass es sich um Carmenere und nicht um Cabernet Franc handelte. Andere italienische Winzer, die einen ähnlichen verdacht hegten, ließen ihre Rebbestände ebenfalls analysieren und mussten feststellen, dass auch sie Carmenere in ihren Weingärten gepflanzt hatten.
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Ähnlich wie in Italien ist die Situation in Chile, dem gegenwärtig wichtigsten Weinbauland für Carmenere. Die Sorte wird seit 1850 in Chile gepflanzt. Weil sie in Europa über viele Jahre kaum noch eine Rolle spielte, geriet die Sorte mehr und mehr in Vergessenheit. Dieser Umstand, gepaart mit der Tatsache, dass sich Carmenere- und Merlotstöcke stark ähneln, führte zu der Annahme, in Chile würde eine Variante des Merlots kultiviert. Der deutlich erkennbare Unterschied zu Merlots aus dem Rest der Welt wurde als unerklärliches Phänomen hingenommen. Erst in den 1990er Jahren wurden DNA-Untersuchungen vorgenommen, die diesen Irrtum aufdeckten: der chilenische Merlot stellte sich als Carmenere heraus.
Schnell wurde die Chance erkannt, eine Rebsorte quasi exklusiv vermarkten zu können, da kein anderes Weinbauland zu diesem Zeitpunkt Bestände in größerem Umfang vorweisen konnte. Heute ist Chile die neue Heimat des Carmenere, vor dort werden Rebstöcke in alle Welt geliefert, so auch in die alte Heimat Frankreich.
Besonders gute Bedingungen findet diese rote Rebe in den chilenischen Weinbauregionen Rapel, Maule und Central Valley vor. Carmenere wird hier sowohl reinsortig ausgebaut, oft mit einer Reifephase im Barrique von drei bis vier Jahren. Preisgünstige Weine sind häufig Cuvées mit einem kleineren Anteil Carmenere, häufig im Verschnitt mit Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon und Merlot.
Eine ganz ähnliche Situation wiederholte sich vor einigen Jahren in China, allerdings mit deutlich geringeren Auswirkungen auf den europäischen Weinmarkt. Dort wurde die Rebsorte Cabernet Gernischt kultiviert, die sich nach DNA-Analysen aus dem Jahr 2010 als identisch mit Carmenere erwiesen hat.
Wer weiß, welche Überraschung diese Rebsorte in den nächsten Jahren noch zu bieten hat.
Carmenere ist eine spät reifende rote Rebe mit unsicheren Erträgen. Sie neigt zum Verrieseln und ist anfällig für Wurzelprobleme – wesentliche Gründe, warum sie in Europa über lange Zeit kaum noch angebaut wurde.
Wein aus dieser Sorte ist farbintensiv und körperreich mit weichen Tanninen und einem vielfältigen Aromenspektrum, das von beerigen Noten über Gewürze bis hin zu Tabak, Leder und Schokolade reicht.