Eine der erfolgreichsten Neuzüchtungen der Welt
Synonyme für Müller-Thurgau Riesling-Silvaner, Rivaner, Rizanec
Die Müller-Thurgau-Rebe entstand 1882 in der Lehranstalt für Obst-, Wein- und Gartenbau in Geisenheim im Rheingau. Dr. Hermann Müller, der aus dem Kanton Thurgau in der Schweiz stammte, hatte vor, die Vorzüge des Rieslings mit einer anderen Rebsorte vereinen, wie es zu dieser Zeit Mode war. In diesem Fall wollte er die Vorzüge des Rieslings mit der frühen Reife des Silvaners vereinen.
1891 wechselte Müller zurück in die Schweiz, wohin er sich 150 Stecklinge seiner Neuzüchtung aus Geisenheim schicken ließ. Die Stecklinge wurden hier angezüchtet und ausgepflanzt, 1913 wurden 100 Reben nach Deutschland zurückgebracht und zu Ehren ihrer Schöpfers „Müller-Thurgau“ genannt.
Dr. Hermann Müller war schon damals skeptisch, was die Elternschaft der Rebe Müller-Thurgau anbelangte und vermutete, dass die falschen Reben aus Geisenheim in die Schweiz gebracht worden seien. Schon bald verstärkten sich diese ersten Zweifel, als andere Riesling x Silvaner-Kreuzungen einen ganz anderen Charakter aufwiesen.
Inzwischen haben DNA-Analysen ergeben, dass diese Zweifel berechtigt waren, denn die Müller-Thurgau ist nicht aus der Kreuzung Riesling x Silvaner hervorgegangen und auch nicht aus der Kreuzung Riesling x Chasselas, wie später vermutet wurde. Vielmehr handel es sich um das Ergebnis der Kreuzung Riesling x Madeleine Royale.
Müller-Thurgau war ihrerseits an einigen Neuzüchtungen beteiligt, so unter anderem an Albalonga, Bacchus, Goldriesling, Gutenborner, Kanzler, Mariensteiner, Optima, Ortega, Regner und Reichensteiner.
Unabhängig von den Wirren um die wahren Elternreben der Müller-Thurgau erfreute sich die Weißweinrebe vor allem in Deutschland sehr großer Beliebtheit. Zwischen 1975 und 1995 dominierte sie den deutschen Rebsortenspiegel. Seither geht die Rebfläche für diese Sorte immer weiter zurück, noch hält sie sich aber weit vorne in der Rangliste der in Deutschland am häufigsten kultivierten Sorten. Besonders verbreitet ist sie in Rheinhessen, Baden, der Pfalz sowie in Franken und an der Mosel. Gegenwärtig sind in allen deutschen Anbaugebieten zusammengenommen rund 13.000 Hektar mit dieser Sorte bestockt.
Aber nicht nur in Deutschland erfreut sich diese Rebsorte großer Beliebtheit. Auch in Österreich (rund 2000 Hektar), in Ungarn (ebenfalls ca. 2000 Hektar) und Italien (ca. 1200 Hektar) ist sie weit verbreitet, um nur die Länder mit den größten Anbauflächen zu nennen. Bestände gibt es in fast allen Weinbauländern der Welt. Allerdings geht die Rebfläche für Müller-Thurgau weltweit zurück. Dennoch gehört diese Weißweinrebe zu den weltweit erfolgreichsten Neuzüchtungen.
Es handelt sich um eine früh reifende, ertragreiche Sorte, die anfällig für beide Mehltauarten und Botrytis. Sie bevorzugt tiefgründige, nährstoffreiche und nicht zu trockene Böden. In kühlen Lagen kommt sie besonders gut zurecht.
Wein aus Müller-Thurgau ist blass- bis hellgelb in der Farbe. Er ist vorwiegend leicht und süffig mit milder Säure und einem dezenten Muskatton. Je nach Standort der Reben fallen die Weine mehr oder weniger blumig aus. Die Weißweine sollten nicht länger als 2-3 Jahre eingelagert werden.